Von Komfortzonen

Es ist an der Zeit, hier mal ein paar Takte über Softwareentwicklung zu reden.

Oder vielmehr: Über Entwicklung und Fortschritt im Allgemeinen, denn selbstverständlich lässt sich das, was sich Softwareentwickler den lieben langen Tag anhören dürfen, auch mühelos auf andere Berufe übertragen.

Zum Beispiel, wenn von „Komfortzonen“ geredet wird. Das Wort „Komfortzone“ wird gerne von Management und Teamleitung verwendet, wenn es irgendwie nicht so klappt, wie sie gerne hätten – und zwar meistens in Sätzen wie „Entwickler A und B möchten ihre Komfortzone nicht verlassen, deshalb erreichen wir unsere Ziele nicht„, oder „wir müssen Entwickler C dazu bringen, seine Komfortzone zu verlassen, das hat für Entwickler D auch geklappt„.

Also quasi so, wie man über eine Kuhherde redet und sich Gedanken darüber macht, warum die Kühe nicht genug Milch geben.

Wie schon gesagt, die Erkenntnisse daraus gelten nicht nur für Softwareentwicklung. Die lassen sich überall anwenden.

Beispielsweise finde ich, so ein Gas-Wasser-Installateur sollte ruhig mal was neues ausprobieren und seine Komfortzone verlassen. Insbesondere einer, der seinen Job schon sehr lange Zeit sehr gut macht. Es geht nämlich immer noch besser, der Prozess hört nie auf.

Das Sicherheits-Druckventil in der Heizung einfach mal weglassen. Den Mut haben, alte Zöpfe abzuschneiden.

Oder, noch besser, das Ding durch den allerneuesten heissen Scheiss aus den USA ersetzen, vom dem niemand so richtig weiss, ob und wie er funktioniert, den aber irgendwelche eigens dafür gezüchteten Evangelisten auf Konferenzen ganz toll finden.

(und überhaupt, pfffff, Sicherheitsventil, das ist so funktional, so von gestern. Heutzutage macht man sowas reaktiv. Sieht zwar erstmal viel komplizierter aus, mit dem dadurch bedingten Grossbrand nebst zugehörigem Feuerwehr- und Notarzteinsatz… aber wenn der Groschen erstmal gefallen ist, dann ist es die wahre Lehre)

Und da nicht aufhören. Überkommene Arbeitsweisen aktiv hinterfragen und offensiv angehen.

Einfach mal ein Lagerfeuer neben der Gasleitung entfachen und gemütlich ne Kippe schmauchen während man schaut ob auch alles schön dicht ist.

Das Klo einfach mal in einem 32°-Winkel installieren und den Kunden dann in die Richtung erziehen, dass das vollkommen schnafte so ist.

Und auch in der Elektrotechnik könnte man sicher so viel schneller und besser machen, wenn die Leute endlich mal aus ihrer Komfortzone rauskommen und sich neuen Ideen gegenüber öffnen würden.

Beispielsweise arbeiten zwei mit Handschellen aneinander gefesselte Elektrotechniker sicher sehr viel schneller und effizienter an einem Problem als nur einer allein. Was? Warum wehrt ihr euch denn dagegen? Ihr habt es ja noch gar nicht ausprobiert. Wer sich nicht weiter entwickeln will, der ist irgendwann weg vom Fenster.  Also hopp, hier, Handschelle, Fesseln.

Und dann, beispielsweise so ein Trafo. Muss der unbedingt sein? Wozu ist der überhaupt gut? Da kann man sicher was anderes neues hippes einbauen, oder einen kleineren, oder irgendwas, was nicht so viel kostet und nicht so viel Zeit braucht, oder? Und die LEDs ruhig mal ohne Vorwiderstände betreiben. Dinge anders machen. Traut euch!

(und kommt mir nicht mit ihr habt das so gerlernt oder gar studiert, oder mit physikalischen Gesetzen. Das hier ist die richtige Welt, Baby! Ihr müsst auch mal was anders machen! Und das sage ich bewusst als Fachfremder!)

Mut haben, mal ein paar Paradigmen zu verschieben!

Auch bei der Gärtnerei. Müssen Pflanzen denn wirklich unbedingt in Erde wachsen? Könnte man da nicht mal was neues ausprobieren, z.B. stinkenden synthetischen Nährschleim oder sonst ein Wundermittel, mit dessen Anpreisen sich ein Haufen Leute, die noch nie im Leben einen richtigen Garten gesehen haben, auf eigens dafür eingerichteten Tagungen eine goldene Nase verdienen?

Und dieses Ding, mit dem ihr die Löcher in die Erde gräbt, ihr nennt es „Schaufel“. Voll archaisch. Voll oldthink. Gibt’s da nicht irgendwas anderes? Am besten irgendwas verteiltes, verteilen ist immer gut, am besten was, das für viel Geld von mehreren Leuten tagtäglich gewartet werden muss, damit es halbwegs funktioniert. Ihr werdet sehen, das ist dann Fortschritt.

Traut euch, die Dinge mal mit frischen Augen und einem frischen Blick auf das Wesentliche anzuschauen.

Verlasst eure Komfortzonen. Dann wird nämlich alles besser.


Kommentare

2 Antworten zu „Von Komfortzonen“

  1. […] ursprünglichen Plan, meine Komfortzone (haha) zu verlassen und die entlegenen Ausläufer des Siebengebirges zu erkunden, musste ich leider […]

  2. […] bin ich immer noch dabei, meinen ersten (naja, ok, zweiten, wenn man die Komfortzonen dazu zählt) Artikel über ein Programmier-Thema zu schreiben, und tu mich leider ziemlich schwer […]

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