Eine schwarz-weiße Hündin, die sich in ihrem Körbchen ausruht und auf das vor ihr stehende Notizbuch schaut.

Nach der Party ist vor der Party!

Letzten Freitag war es also endlich soweit – pünktlich um 20 Uhr mitteleuropäischer Zeit wurde „Malers Hüs“, mein neues Album mit einer von meinem Label ausgerichteten Listening Party der staunenden Öffentlichkeit vorgeführt.

Ungefähr 17 Leute waren gekommen (so genau kann man das nicht sagen, weil Bandcamp es nicht anzeigt, und weil eventuell auch welche dabei waren, die sich im Chat gar nicht geregt haben), und auch wenn das erstmal nach nicht so viel klingt – mehr hätten es nicht sein müssen. Mit 17 netten Menschen kann man sich schon sehr gut und lebhaft unterhalten, und genau dies geschah auch an diesem Abend. Ausgiebig.

So eine Listening Party ist eine ziemlich faszinierende Sache. Es war meine erste, und deshalb hatte ich – vom rein theoretischen Ablauf abgesehen – keine Ahnung, was mich erwarten würde.

Im Prinzip kann man sich das so vorstellen: Die Gäste treffen sich in einem Gruppenchat, der eine halbe Stunde vorher schon öffnet. Dann schließlich wird die Musik automatisch abgespielt, und alle Teilnehmenden können sie hören und ihren Senf dazu abgeben oder es bleiben lassen.

Klingt erstmal nicht so fürchterlich spannend, aber wenn die richtigen Leute beisammen sind, dann kann das Ganze sehr nett werden.

Entgegen anderslautenden Berichten kann ich durchaus auch lachen. Zum Beispiel, wenn netten Menschen meine Musik gefällt, und sie mir das auch noch sagen… 🙂

Und die richtigen Leute waren defintiv da.

Von alten Mitstreitern, mit denen ich vor 30 Jahren schon Musik gemacht habe, über Fans von Botany Bay (meinem Ex-Projekt), die tatsächlich erstmals den Sprung zu Schall und Stille geschafft haben, über den einen und anderen hochgeschätzten langjährigen Begleiter meiner musikalischen Karriere, bis hin zu Freunden vom Gnadenhof und Leuten aus dem Fediverse (darunter wiederum so einige, mit denen ich noch nie vorher zu tun gehabt hatte).

Und auch die beteiligten Musiker waren – mit Ausnahme von Andrea, die leider an diesem Abend schon Generalprobe für ein Konzert hatte, deren Präsenz aber trotzdem von der Musik sehr eindrücklich heraufbeschworen wurde – am Start und guter Dinge, es wurde connected und aus dem Nähkästchen geplaudert (und es wurden bis dahin undenkbare Absichtserklärungen getätigt, stimmt’s, Suse? ;-))

Man könnte meinen, die Musik wird bei so etwas eher zur Seite oder in den Hintergrund gedrückt, aber das war erstaunlicherweise überhaupt nicht der Fall. Alle hörten zu, und es ist ein ganz eigenartiges Gefühl, dies zusammen mit Menschen zu tun, die auf der ganzen Welt verstreut sind. Zuhören. Gemeinsam.

Gerade als Komponist/Produzent/Urheber der ganzen Sache ist es nochmal ganz speziell besonders, denn irgendwie hört man das Ganze plötzlich nochmal mit neuen Ohren – man erlebt es zusammen mit den Teilnehmern neu. Schwer zu beschreiben. Eigenartig. Aber total schön.

The Morning After

Wir alle wissen, dass auf eine Party gelegentlich auch der Kater am Morgen danach folgt – und als ich am nächsten Tag in mich ging und das Geschehene Revue passieren ließ, da fiel mir auf, dass doch so einige Leute gefehlt hatten, von denen ich mir wenigstens halb sicher gewesen war, dass sie auftauchen würden. Siewissenschon, Kollegen vom $(brotjob), Freunde, Bekannte.

Gut, ich kenne Ähnliches schon von Botany Bay, und tatsächlich ist es ein Grund zum Feiern, dass Schall und Stille inzwischen so „groß“ geworden ist, dass ein ganz sonderbares Phänomen auch hier wieder zum Vorschein kommt: Wildfremde und/oder weit entfernte Menschen erfreuen sich an Deiner Kunst und feiern Dich richtiggehend, während Dein näheres Umfeld keine Ahnung (oder kein Interesse daran) hat, wer Du eigentlich wirklich bist und was Du eigentlich wirklich tust.

Ich hab aufgehört, Erklärungen dafür zu suchen. Aber es ist schon immer wieder seltsam.

Ferner stellt sich raus, dass es vielleicht doch keine so großartige Idee war, das Ganze an einem „Bandcamp Friday“ zu releasen, denn dieser dient Musikern aus aller Herren Länder inzwischen traditionell dazu, ihre Werke laut und zahlreich in den sozialen Medien dieser Welt anzupreisen… wobei meine eher schüchternen und leisen Töne eher untergehen – was auch der Grund dafür sein dürfte, dass sich das Teil seit Samstag ziemlich genau null mal verkauft hat.

Aber genug schwarz gemalt. Es war eine großartige Listening Party, und dies gibt mir viel Mut, Zuversicht und Energie für weitere Projekte.

Wie geht’s weiter?

Seit ich am Gnadenhof arbeite, entstehen in meinem Studio immer wieder Songs und Instrumentals über meine Erfahrungen dort, und über Begegnungen mit all den Seelen, die dort ihre Heimat gefunden haben.

Das Ganze schreit eigentlich nach Konzeptalbum, und es sind inzwischen auch genug Songs fertig für ein Album, das – wenn ich wirklich alle Lieder nehmen würde, die ich bis jetzt habe – länger werden würde als „The Drunken Fisherman“, „Biike“ und „Malers Hüs“ zusammengenommen.

Aber trotzdem ist es noch nicht fertig, es fühlt sich noch nicht fertig an, und ich fühle mich auch noch nicht bereit dafür.

Parallel dazu entsteht hier ein stetig größer werdender Zyklus an Liedern, die nur mit einem Minimum an Equipment teilweise im Hundehaus am Reinhardswald und teilweise hier im Studio aufgenommen sind, relativ roh und direkt klingen und bei denen sich auch allmählich ein roter Faden herauskristallisiert. Es wäre ein sehr politisches Album mit nicht gerade wenig Protestsongs. Mal schauen.

Für neue Veröffentlichungen stellt sich eh ganz generell die große Frage, wie und ob es mit meinem Label weiter geht; SubCastCo wurde vom echt absolut oberbescheuerten Brexit genau so gebeutelt wie alle anderen auch (womit wir wieder bei den Protestsongs wären), und die Zukunft sieht hier leider eher ungewiss aus.

Ganz davon abgesehen ist auch die Live-Idee immer noch nicht vom Tisch. Ich müsste nur die richtigen Leute dafür finden (Eine Band mit MyLoFy, Suse und Andrea wär natürlich ein Traum. Scheitert aber an den geografischen Gegebenheiten. Also wird zumindest ein Gitarrist her müssen… bei Interesse gerne Mail an stephan@schallundstille.de)

Danke, danke, danke!

Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, nochmal ganz herzlich allen zu danken, die an der Listening Party teilgenommen haben.

Es klingt vielleicht etwas überschwänglich und pathetisch, aber für mich ist es einfach so: Ich habe an diesem Tag so viel Feedback bekommen wie mir ansonsten in einem ganzen Jahr nicht zuteil wird. Ich brauche es nicht, gelobt zu werden und dass tolle Reviews über mich erscheinen und die Musikpresse überschwänglich über den krassen und jahrelang sträflich ignorierten Geheimtip aus Kasbach-Ohlenberg berichtet, etc. pp. … aber manchmal, ja manchmal tut es doch einfach verdammt gut, wenigstens ein bisschen was zurück zu kriegen – und jetzt, da wieder die Zeit anbricht, da ich in meinem dunklen Kämmerlein still vor mich hinwerkle, ist das etwas, von dem ich noch lange zehren kann.

Es war wirklich großartig mit euch; ich hoffe, wir können sowas irgendwann mal wieder machen. Oder wer weiß, vielleicht sogar mal live, was ja – diejenigen, die dabei waren, wissen es – an jenem Freitag etwas näher in den Bereich des Möglichen gerückt ist.

Ich wünsche euch weiterhin viel Spaß mit Malers Hüs, und ich hoffe, wir hören und/oder sehen uns bald!


Malers Hüs kann man über Bandcamp probehören und kaufen.

Alle Erlöse aus dem Verkauf gehen an die Tara Tierhilfe e.V.


Kommentare

3 Antworten zu „Nach der Party ist vor der Party!“

  1. Es war mir ein Fest, an diesem besonderen (fast schon magischen) Moment dabei sein zu dürfen! Deine Musik, dein Gespür, Stimmungen einzufangen und auszudrücken, sind eine besondere Gabe. Ich freue mich auf alles, was da noch kommen mag (inklusive dem Liveauftritt mit Suse;-)) 🙏

  2. Ich bedaure es ja nach wie vor sehr, dass ich nicht dabei sein konnte, aber der Dezember ist halt irgendwie so ein Konzertmonat für „Klassikerinnen“ wie mich. Freue mich aber, dass es eine schöne Runde war und freue mich auch auf Künftiges, wie auch immer das dann aussieht oder klingt 🙂

  3. Es war grandios, Stephan!
    Doris und meine Wenigkeit „lauerten“ vor dem großen Rechenknecht, der über ein Subwoofer-System mit Satelliten verfügt. Genau richtig für diese Musik! Nutzung des Notebooks mit seinen „Leisesprecherchen“ wäre ein unverzeihlicher Frevel gewesen.
    Das Album lief übrigens beim samstäglichen Frühstück gleich nochmal 🙂
    Wir fanden es supercool (wie ein gewisser Samu H. aus Finnland immer sagt 🙂 ) und sind auch künftigen Events ganz und gar nicht abgeneigt!
    Und wenn das Teil jemals live geht: Sag´ Bescheid!!!!
    Grüße aus der Pfalz. <3

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