The Falcon has landed

Mein lieber Freund und Ex-Kollege/Ex-Chef Christoph hat mir vor ein paar Monaten mit einer ganz besonderen Dauer-Leihgabe sehr große Freude bereitet… nämlich mit einem Atari Falcon 030.

Beim Falcon 030 handelt es sich um den letzten stolzen Desktop-Computer, den Atari herausbrachte, bevor sich die Familie Tramiel (in einem letzten verzweifelten Versuch, sich über Wasser zu halten) vollständig auf Spielkonsolen konzentriere… was den Untergang auch nicht aufhielt, aber das ist eine andere Geschichte.

Damals (1992), als der Falcon ein Ding war, waren Microsoft und die PCs schon längst auf dem Vormarsch, und die ehemals bunte Landschaft der alternativen Computerplattformen war am Verwittern und Verwelken. Ich besaß zu jener Zeit einen Amiga 3000, und ich weigerte mich immerhin noch bis 1996, mir einen PC zuzulegen… aber irgendwann war es so weit, Commodore und Atari waren pleite, den Mac konnte sich kein Mensch leisten, vom Archimedes/RISC PC hatte hierzulande  (leider!) kein Mensch etwas gehört… und die Geschichte nahm ihren Lauf. Immerhin hatte ich Linux auf meinem PC 😉

Doch einige Jahre zuvor noch, gegen Ende der 80er, sah es noch lange nicht nach einem Siegeszug der gesichtslosen 8086-Klone aus. Andere Plattformen wie der Amiga, der Atari ST, der Acorn Archimedes (wenn auch nur in England) und sogar der Apple Macintosh boten weitaus modernere Betriebssysteme, weitaus durchdachtere Hardware… und weitaus buntere, klangvollere Computerspiele. 

Zu jener Zeit gab es einen erbitterten Streit zwischen Atari ST- und Amiga-Fans, welche Plattform die „bessere“ wäre. Das war ganz gespenstisch ähnlich wie der heutige Streit darüber, ob nun iOS oder Android das bessere Betriebssystem ist. 

Wenn man die Sache an der Oberfläche und aus Endanwender-Sicht betrachtet, dann kann man sicherlich sagen, der Streit war im Prinzip total Banane (ebenso wie der heutige), und jede Plattform hatte ihre Stärken und Schwächen.

Ich hatte mich damals für den Amiga entschieden, weil er das wesentlich fortschrittlichere Betriebssystem und die wesentlich fortschrittlichere Grafik-Hardware besaß (Multitasking, Co-Prozessoren und 4096 Farben gleichzeitig im Jahre 1988, das war schon sehr edel). Aber der Atari ST hatte natürlich auch seine Vorteile… er war wesentlich billiger, er konnte eine für die damalige Zeit extrem hochauflösende, flimmerfreie Grafik darstellen, und er war leichter zu programmieren. Und Spiele gab’s für beide Plattformen sowieso jede Menge.

Nachdem ich einmal einen Amiga hatte, interessierte mich die Atari-Plattform nicht mehr besonders, lediglich die Veröffentlichung des Falcon nahm ich damals mit gesteigerter Aufmerksamkeit wahr, denn es war von den Spezifikationen eine echt nette Maschine. Da ich aber weder die Zeit noch die Mittel besaß, mich zusätzlich auch noch mit dem Falcon zu beschäftigen, vergaß ich die Maschine bald wieder.

Der Falcon. Und wie der Fachmann erkennen mag, mache ich schon eifrig Sachen damit…

Fast Forward, 26 Jahre später. Hier steht er jetzt also, der Falke, und wartet auf die Dinge, die da kommen mögen. Wie jedes meiner alten Schätzchen steht auch diese Maschine hier, weil ich ein bisschen darauf programmieren und hacken möchte. 26 Jahre später habe ich jetzt also die Gelegenheit, den Falcon doch noch ein bisschen kennenzulernen und mir meine eigene Meinung zu bilden, welches die bessere Plattform war.

Zunächst waren ein paar Reparatur- und Aufrüstungsarbeiten vonnöten. Die eingebaute Festplatte ersetzte ich durch eine CF-Karte mit IDE-Adapter… nennt mich versnobt, aber ich kann es nicht mehr ertragen, wenn sägende Festplattenmotorengeräusche aus meinem Rechner kommen.

Dann stellte sich heraus, dass der NVRAM-Chip hinüber war (der Uhrzeit und wichtige Systemeinstellungen speichert). Eigentlich nicht schlimm, man bekommt den Falcon trotzdem gestartet, aber kaputte Timestamps nerven beim Programmieren und Hantieren mit Makefiles doch ziemlich. Also wurde der Chip ausgelötet, an seiner Stelle ein Sockel eingesetzt (so ziemlich alles im Falcon ist gesockelt, nur der bescheuerte NVRAM-Chip nicht) und mit einem neuen Chip versehen. Außerdem wurde der nervige Lüfter abgeklemmt, denn ohne Festplatte wird der Falcon nicht nennenswert heiß und kommt auch ohne Lüfter aus.

Nach ein paar Wochen lief der Falcon also flüsterleise und perfekt wie am ersten Tag. Höchste Zeit, ein für alle Mal die Frage zu klären, welche Plattform ich lieber mag: Amiga oder Atari 😉

Also demnächst, exklusiv auf Schall und Stille… Amiga 1200 gegen Falcon, 26 Jahre später.

(Wenn jemand Interesse daran hat, oder wenn das nicht so ist und ich trotzdem Lust darauf verspüre 😉 )


Kommentare

5 Antworten zu „The Falcon has landed“

  1. Sehr cool 😀 Meine Computerlaufbahn begann mit einem Atari ST, daher hab ich bei der Erzählung schon ein wenig Flashback 😉 Aber ich weine der Zeit eigentlich nicht hinterher, ich hänge nicht sehr an alten Dingen, wenn es neue Dinge gibt, die das, was ich tun will, besser können. Und da ist Retrocomputing halt für mich ziemlich uninteressant, muss ich zugeben. Aber ich sehe/lese/höre gerne von jemandem, der so eine alte Kiste wieder auffrischt und zum Leben erweckt 🙂

    1. Teilweise sammle ich die alten Kisten sicherlich aus purer Nostalgie, aber es ist tatsächlich auch ein praktischer Nutzen für meinen Brotjob dabei: Ich mag die freiwillige Beschränkung, die man sich mit dem Programmieren dieser Rechner auferlegt.

      Ich sag mal ganz ketzerisch, es ist für einen Menschen ohne gigantisches Vorwissen und jahrelange Ausbildung kaum mehr möglich, moderne Hardware wirklich zu ‚erfassen‘. Dazu läuft zu viel proprietärer Mist drauf, zu viel wir-lassen-uns-nicht-in-die-Karten-schauen-EFI-Kram, zu viel Binary Blobs, die eigentlich quelloffen sein sollten, zu viel Optmierung und Kryptographie-Kacke schon auf Hardware-Level, etc. pp. Gut, man mag mit Linux und BSD gerade noch irgendwie durchkommen, aber spätestens bei Smartphones mit iOS oder Android (was m.E. die moderne Entsprechung zu den Ataris und Amigas aus alten Zeiten ist) ist man aufgeschmissen. Das ist der Preis, den man für die hohe Abstraktionsebene zahlt, auf der heutzutage Software entwickelt wird: Man hat kaum noch ein Chance, durchzublicken, die Hardware und die Betriebssysteme und die von Herstellen diktierten Store-Infrastrukturen beherrschen uns, nicht anders herum.

      Ganz anders ist es, wenn beispielsweise so ein Falcon vor mir steht. Die Maschine ist so herrlich primitiv, dass es eine wahre Freude ist. Ich kann den guten alten Devpac-Assembler auspacken, den Prozessor in den Supervisor-Modus bringen, mir meine eigenen Grafik-Primitiven schreiben, den Blitter anwerfen und die Bits direkt in den Framebuffer schieben. Und wenn ich was komplett falsch mache, dann lande ich nicht in einem Zuckerpüppchen-Debugger, sondern im Zweifelsfall fliegt mir das System um die Ohren.

      Wenn ich wissen möchte, wie etwas funktioniert, dann hilft keine Suche auf Stack Overflow, und kein Cut-And-Paste von dort. Ich muss es selbst rauskriegen, selbst die grauen Zellen anstrengen… eine Herausforderung, die in moderner Softwareentwicklung mehr und mehr verloren geht.

      Es hat was von Abenteuerurlaub. Was Ursprüngliches. Soweit man das über Rechner sagen kann.

      Wobei Falcon und Amiga natürlich schon eine Generation zu weit sind… diese Rechner waren quasi der Anfang vom Ende; man musste sich nicht mehr zwingend damit befassen wenn man einfach nur daddeln wollte, ganz im Gegensatz zu ihren Vorvätern… aber das ist wieder eine andere Geschichte 😉

      Zusammengefast kann man sagen, ich mag dieses asketische, diese Besinnung auf das Ursprüngliche… aber ich bin auch pervers, man muss das natürlich nicht so sehen wie ich 😉

      Wuff!

  2. Ich habe die Vermutung, dass seit ein paar Tagen eigentlich Candor bloggt.
    Erst sagt Stephan am 9. Dezember, dass er unterwegs ist und erstmal eine Weile nicht bloggt. Dann folgt jeden Tag ein Post! Außerdem guckt Candor auf dem Bild am 9. Dezember schon so, als ob er was plant.

  3. On the internet, nobody knows you are Candor.

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