a sunset at the animal sanctuary where I work

Aller guten Dinge sind drei

Ich möchte mal ein bisschen was über die musikalischen Projekte schreiben, an denen ich gerade arbeite. Nicht weil ich so super gerne über meine Musik rede (tu‘ ich nicht), sondern weil ich gerne für mich selbst ein bisschen Ordnung in die Sachen bringen möchte, und weil diejenigen, die wegen meiner Musik hier vorbei kommen, ein Update verdient haben 🙂

Im Moment jongliere ich tatsächlich drei Dinge gleichzeitig in der Luft, von denen ein jedes Ding ein neues Album werden könnte.

Begegnungen

Dass ich überhaupt wieder unter dem Namen „Schall und Stille“ Musik mache, ist dem Umstand zu verdanken, dass ich vor vier Jahren angefangen habe, ehrenamtlich bei der Tara Tierhilfe zu arbeiten.

Nachdem „Thanksgiver“, das letzte (und beste) Album von Botany Bay untergegangen war und sich meine verbliebenen musikalischen Schönwetterfreunde währenddessen und daraufhin auf Nimmerwiedersehen aus meinem Leben verabschiedet hatten, konnte ich mich sehr lange nicht mehr auf einen Meter einem Musikinstrument nähern, ohne tagelang deprimiert zu sein. Und nachdem dieser Zustand über zwei Jahre lang unerbittlich angehalten hatte, dachte ich schließlich tatsächlich, ok, das war’s dann wohl mit der Musik.

Eine Reihe von sowohl unglücklichen wie auch glücklichen Umständen (die locker ein ganzes Buch füllen würden, weswegen ich mich hier eher kurz damit fasse) führten dann schließlich dazu, dass ich 2020 begann, bei der Tara Tierhilfe mitzuhelfen. Erst ein kleines bisschen, dann immer mehr und mehr.

Und ganz allmählich und mit der Zeit geschah dort etwas im wahrsten Wortsinne Wunderbares mit mir: Je mehr Zeit ich mit den Tieren verbrachte, desto mehr fühlte ich mich erfüllt, wertgeschätzt, und sinnvoll.

Bis zur Veröffentlichiung von „Thanksgiver“ war ich vollkommen felsenfest davon ausgegangen, der Sinn meines Lebens sei es, der Welt schöne Musik zu schenken. Dass es halt nicht so war, und dass die Welt nicht wirklich interessiert an meinem Geschenk war, stürzte mich in eines der tiefsten Löcher, die ich in meinem Leben vermessen musste.

Jetzt aber durfte ich erfahren, dass die Dankbarkeit eines einzelnen Pferdes mehr wert war, als all der Applaus, den ich nicht bekommen hatte.

Das war ein sehr schönes Gefühl. Und es brachte mit sich, dass ich knapp ein Jahr später eines schönen Tages auf einem Klavier vor mich hinklimperte und es zu meinem großen Erstaunen nicht mehr weh tat.

Im Gegenteil, es machte richtig Spaß!

In der Folge entstand „Schall und Stille“ als Überbegriff für meine zukünftigen musikalischen Unternehmungen, und ich veröffentlichte mein Debut, „The Drunken Fisherman (and other stories)“ im Jahre 2022, sowie die „Biike“-EP letztes Jahr. Und weil ich mit Submarine Broadcasting Co. ein ganz wunderbares Netlabel gefunden habe, das meine Musik in der weiten Welt vertreibt, war auch plötzlich wieder ein Publikum da. Zwar nicht so viel wie früher, und Feedback gibt’s leider auch nur sehr wenig… aber hey, besser wenig als von den falschen Leuten.

Soweit die schon bekannten Tatsachen. Jetzt zu den weniger bekannten Tatsachen.

Schon relativ früh in meinem Wirken als „Schall und Stille“ verspürte ich den Wunsch, mich musikalisch mit meiner Arbeit auf dem Gnadenhof auseinanderzusetzen. Es entstanden einige Songskizzen, ich programmierte eine ganze Wavestation-Soundbank mit Klängen, die von meiner Arbeit bei der Tara inspiriert wurden, und bald hatte ich auch das eine oder andere Demo und sogar ein paar fertige Songs zusammen… was mich schon sehr bald auf die Idee brachte, ein Konzeptalbum über die Begegnung mit Tieren aufzunehmen.

Die Anzahl der fertigen Songs für dieses Konzeptalbum ist in den letzten drei Jahren auf ein (selbst für mich relativ erstaunliches) Dutzend gestiegen. Darunter sind einfache Lieder mit Gesang, Instrumentals, eher atmosphärisch-experimentelle Stücke, und auch voll ausgebaute Indie-Pop und Wave-Sachen; teilweise habe ich die Lieder mit Gastmusikern aufgenommen, und teilweise im Alleingang… und sie alle tragen meine tiefe Verbundenheit und Dankbarkeit meinen Mitgeschöpfen gegenüber in sich.

Zwei der Songs, „Rise“ und „Spirits“ kennt der geneigte Leser vielleicht sogar schon, denn ich habe sie beide beim Fedivision Contest 2022 und 2023 eingereicht und damit jeweils den zweiten Platz gemacht (was mich natürlich sehr freut). „Rise“ ist ein Lied über Cosi, meine erste große Pferdeliebe – und „Spirits“ ein Lied über die Vorstellung, dass wir uns mit all den Seelen, die von uns gegangen sind und die uns fehlen, nicht nur irgendwann wieder verbinden, sondern in ausgewählten Momenten auch jetzt schon.

Ich würde mal sagen, 90% von diesem Album sind fertig. Und trotzdem tu ich mich sehr schwer, es wirklich wirklich fertig zu stellen.

Denn die Seelen auf dem Gnadenhof bedeuten mir sehr viel, und ebenso viel bedeuten mir diese Musikstücke. Das letzte Mal, dass mir meine Musik so viel bedeutet hat, und dass ich so viel von meinem Innersten in meiner Musik offenbart habe, das war bei „Thanksgiver“ – und wir wissen, wie das ausgegangen ist.

Ich habe ein Lied über mein Herzenspferd Wendy geschrieben. Wie ich sie kennengelernt habe, wie ihr Blick mich plötzlich berührt und nicht wieder losgelassen hat. Wieviel wir uns gegenseitig gegeben haben und weiterhin geben. Wie kostbar jeder Moment ist. Ich war selten so stolz auf ein Lied. Ich gebe und zeige alles darin. Es ist so gut wie fertig.

Will ich so einen Song einfach in die Welt rausschleudern, und dann gibt’s als Feedback zwei bis drei Sternchen und ansonsten Schulterzucken auf Mastodon und ein paarmal „öh sorry ich hab noch nicht reingehört“ bei Freunden und Kollegen einen Monat später?

Ich habe mir an dieser Stelle (wieder einmal) lange und ausgiebig die Frage gestellt, ob ich mir und meiner Musik das wirklich antun will, oder ob ich sie besser für einen ganz, ganz kleinen Kreis Menschen sowie für mich selbst behalte.

Ich glaube, meine persönliche Antwort ist diese: Ja, ich werde mir und der Musik das irgendwann einmal antun, aber erst, wenn der Zeitpunkt gekommen ist, dass es sich gut anfühlt. Vielleicht bin ich noch nicht geheilt genug, und vielleicht gibt es einfach noch was zu tun, bis es so weit ist. Es darf nichts unter Druck und Zwang passieren, und wenn es noch Jahre dauert bis das der Fall sein kann, dann ist es halt so.

Alle 12 Stücke sind „einfach so“ auf die Welt gekommen. Ohne dass ich mir gesagt habe, „Mensch Stephan, mach jetzt mal am Begegnungen-Album-weiter und dann hau es raus!“ oder irgendwie darauf hin gearbeitet habe.

Was jetzt noch fehlt sind ein bis zwei Songs, die als Brücke zwischen den schon vorhandenen Liedern funktionieren; und hier und da ein paar neue Gesangsaufnahme, und natürlich die ganze Mixing-Geschichte, und zumindest ein virtuelles Booklet.

Wenn das alles auch „einfach“ so passiert; sprich, wenn ich eines hoffentlich nicht so fernen Tages mit einem fertigen Album hier sitze, ohne dass ich mich dazu in irgendeiner Weise verbiegen musste, dann kann ich es auch einfach zur Veröffentlichung frei geben.

Bis dahin müsst ihr und ich noch ein bisschen darauf warten. Aber eure Gedanken dazu würden mich natürlich interessieren. Also wenn ihr wollt, nutzt gerne die Kommentarfunktion.

(über die anderen zwei Bälle in der Luft dann demnächst mehr)


Kommentare

Eine Antwort zu „Aller guten Dinge sind drei“

  1. Avatar von Jürgen
    Jürgen

    Moin Stephan,
    ich vergeb´ ja keine Sternchen 🙂 , was aber nicht heisst, dass ich nicht jedes Mal auf eine neue Veröffentlichung von Dir gespannt und über das Ergebnis auch immer wieder positiv überrascht bin. Auch bei den nicht ganz so „easy-listening“-Tracks …
    Uns verbindet ja wohl eine innige Liebe zu den Tieren und das macht das Warten auf Deine „Begegnungssongs“ für mich schon wieder ziemlich spannend …
    Liebe Grüße!

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